Ein Abend im Piemont im Il Caminetto in Linz
Es war ein regnerischer Abend, der Abend im Piemont. Umso gemütlicher war es im Kellergewölbe des Il Caminetto am Linzer Hessenplatz. Es war nur schwer, den reservierten Tisch zu finden.
Aufgrund von Verständigungsschwierigkeiten am Telefon hattte mein Freund Helmut Reindl nämlich die Reservierung unter „Kasserole“ vorgenommen, natürlich ohne allen anderen etwas davon zu sagen. Diesem geistigen Höhenflug konnten wir natürlich nicht folgen….
Geboten wurde ein siebengängiges italienisches Menu mit einem Gruß aus der Küche samt Weinbegleitung. Für diese sorgte das Weingut Mossio aus Rodella bei Alba. Präsentiert und eingeschenkt wurden die Weine vom Chef persönlich, der ausgesprochen nett und natürlich kompetent war. Herr Valerio Mossio bleibt nämlich etwas länger in Linz und wird in den nächsten Tagen auch bei Wein & Kunst in der Altstadt vertreten sein. Der Preis von € 40.- p.P. schien nicht überzogen, und außerdem will die Weinrunde ja im Juni 2016 ins Piemont. Und das Lokal kannte bislang auch noch niemand. Mehr als genug Gründe für einen Besuch.
Hier die Verkostung aus mehreren Gängen bestehend aus italienischen Köstlichkeiten begleitet von den dazu passenden Weinen und unsere Kommentare dazu:
Gruß aus der Küche
flaumige, kleine Basilikumbällchen (Germteig) auf Tomatensauce
Basilikum sehr dezent, Tomatensauce mollig und voll
Rosato Jg. 2014
aus der Dolcetto-Traube Trinktemperatur ideal, staubtrocken, sehr wenig Säure, nicht ideal zur Tomatensauce
Carpaccio di Carne alla Piemontese
Hausgemachtes Rindercarpaccio auf Rucolabett mit Parmesanraspeln und Nüssen
Kleine Portion, aber ausgezeichnete Fleischqualität, ein bisschen Rucola und ein Spritzer Zitrone, dazu 2 Blätterteigstangerl. Vielleicht hätte noch der eine oder andere Spritzer Balsamico dazu gut getan.
Dolcetto d´Alba Piano dei Perdoni
Name kommt von einem alten Kloster. Vinifiziert rein im Stahltank, rubinrot mit violetten Reflexen. Feines Bouquet, aber reich und betont im Geschmack. Passt tadellos zum Carpaccio, wird zum Essen ein bisschen runder und voller als beim ersten Schluck.
Vitello Tonnato
Feine Schnitten von der gebratenen Kalbsnuss in Thunfisch-Kaperncreme
Dolcetto d´Alba Bricco Caramelli 2013
von 70 Jahre alten Rebstöcken, mit 14,5% Alkohol. Sehr breit, mit ein bisschen Schärfe (Gewürzanklänge) im Geruch und leichten Schoko bzw. Kakaotönen im Geschmack. Spuren von Lakritze dann im Abgang. Obwohl die Thunfischsauce eher mild war, passte der kräftige Wein auch hier wieder bestens. Zum Thunfisch gab`s das Körbchen mit verschiedenen Brotsorten (mit Schinken, Oliven, etc.). Das Brot war zweifellos aufgebacken, schmeckte aber nicht schlecht.
Ravioli ai Porcini
Handgemachte Ravioli mit Steinpilzen
Barbera d`Alba 2013
Auch mit 14% Alkohol, ausgebaut im großen Holzfass mit 2.500 l, rubinrot mit purpurnen Reflexen. Am Anfang etwas mehr Ecken und Kanten, aber dann gut strukturiert im Geschmack. Vielleicht auch eine Spur zu warm, zur Pasta fand er dann aber wieder mehr Anklang. Die Ravioli gefüllt mit Frischkäse und al dente, die Pilze und die Sauce passten sehr harmonisch dazu.
Pappardelle al sugo die Lepre
Hausgemachte Bandnudeln mit Wildhasensoße
Zweifellos einer der Höhepunkte des Menus, sowohl was die kräftige Wildhasensauce (etwas hintergründige Schärfe) als auch die hausgemachten Nudeln betraf, bestens al dente!
Gamus Dolcetto d`Alba Superiore 2012
Aus der Dolcetto-Traube, 1 Jahr im Eichenfass gelagert, der Name kommt von einer römischen Ausgrabung im Ortsteil Caramelli. Ein eleganter Wein, der natürlich auch bestens zum Sugo passte!
Costolette di Agnello in crosta di semi di Papavero
Lammripperl in Mohnkruste
Das Lammfleisch war im Prinzip sehr gut, der Mohn tat aber weder dem Aussehen (sah auf den ersten Blick verbrannt aus) noch dem Geschmack besonders gut.
Langhe Rosso 2012
Cuvée aus Nebbiolo (40%), Barbera (40%) und Dolcetto (20%), auch ein Jahr im Eichenfass und auch 14% Alkohol, nimmt die Vorteile seiner Eltern mit, was Tannin (Struktur), Farbe und Frische betrifft. Sehr komplex, voller Geschmack mit kräftigem Abgang. Die Vinifizierung entspricht jener des Barolo (2 Jahre im Eichenfass, 2 Jahre Flaschenreifung). Dennoch kann dieser Wein kein Barolo sein, weil der Weinberg außerhalb des Barolo-DOC-Gebietes liegt.
Filettino die Maiale al Barbera
Schweinefilet im Barberafonds
Langhe Rosso
Die Barbera-Sauce war ein bisschen zu „weinig“ und das Filet etwas zu durchgebraten, das hätte etwas mehr „medium“ sein können, schade um das gute Fleisch. Leider ohne jede Beilage/Zuspeise, nur ein bisschen geschmorter, säuerlich-delikater Paprika. Langhe Rosso
Dolce Piemontese
Schokokuchen mit Rumcreme
Nicht aufregend, aber auch nicht schlecht, vor allem die Rumcreme. Der Passito „konvenierte“ natürlich auch! Passito Le Margherite 2012
Generelle Anmerkungen
Positiv
- die an sich freundliche und aufmerksame Bedienung
- das Essen kam immer für alle 8 Personen am Tisch gleichzeitig
- der Winzer und die Weine - ein absolutes Highlight
Kritisch
- man wurde vom Service angehalten, durchgehend sein bereits benutztes Besteck zu behalten
- das Abservieren von leeren Tellern hat meistens bereits begonnen, während andere am Tisch noch
gegessen haben
- der servierte Salat war immer unmariniert, er hat zwar gut ausgesehen, aber nach nichts geschmeckt
Resumé:
Ein sehr netter und gelungener Abend mit einem ordentlichen Preis-Leistungs-Verhältnis. Küche und Service sind sehr ambitioniert, haben aber noch Potenzial nach oben. Hrn. Mossio, den Winzer, sehen wir sicher bei Wein & Kunst wieder, und auch nächstes Jahr im Juni im Piemont!
Wirklich ein Höhepunkt des Piemont-Abends: Winzer Mosssio und seine Weine aus Rodello bei Alba
Zartes Kalbfleisch mit einer ebenso zarten Thunfischsauce; Vitello Tonnato mit einem Dolcetto!
Das Beste vom Abend - Pasta vom Feinsten: Papardelle al Sugo die Lepre (Bnadnudeln mit Wildhasensoße)