Resteküche - Genießerrunde

Restessen – nicht nur etwas für arme Leute

 

Heute gibt es für alles eine neumodische Bezeichnung. Was früher ein Treffen der pensionierten Altdirektoren mit anschließenden Mittagessen war, ist heute ein Senior Executive Lunch. Und was wir früher einfach unter Restl-Verwertung bzw. Restl-Essen verstanden haben, hat sich heute ganz sexy zur „Eat Smarter“ Bewegung gemausert. Da findet man dann Rezepte für Gerichte wie bayrische Brotsuppe, Gröstl, Gemüseeintopf oder Arme Ritter.

 

Genau zu einem solchen deftigen Restl-Essen hatten Silvia und Walter unsere Genießer-Runde nach Kremsdorf eingeladen. Es war das erste Treffen nach über einem halben Jahr, und wir waren entsprechend „ausgehungert“. Warum aber Restl-Essen, werden sie fragen? Ja, das ist ganz einfach: Silvia und Walter wollen Walters bestehendes Elternhaus abreißen und einen Neubau wagen. Und wenn man ein Haus abreißt, dann muss alles raus, und es fallen entsprechend viele Restln an. Nun, der Abbruch soll erst in einigen Monaten erfolgen, trotzdem fanden wir Motto und Menuplan originell. Dieser stellte mich - als Verantwortlicher für die Weinbegleitung - auch nicht wirklich vor große Probleme. Für Bier und alkoholfreie Getränke hatten die Gastgeber in ausreichender Menge und mit angenehmer Trinktemperatur gesorgt. Bier war natürlich auch ein idealer Begleiter zum folgenden, deftigen Essen.

 

Der Samstagabend war schön und warm, so konnte die herrliche Terrasse mit Ausblick auf den großen Garten genutzt werden. Für ein bodenständiges Essen hatte ich auch einen österreichischen Aperitif mitgebracht, und zwar einen Frizzante Sparkling vom Sax aus Langenlois. Wirkte erfrischend bei diesem warmen Wetter, und bereitete Gaumen und Mägen gut auf das vor, was da noch alles kommen sollte. Als Vorspeise wurde kurz der Griller angeworfen, denn es gab gegrillte Brote. Bratenreste mit Knoblauch und Zwiebel angeschwitzt, mit Topfen, Kren und Dotter verschmischt, gut abgeschmeckt und auf Schwarzbrotschnitten gestrichen. Diese dann kurz auf den Griller und fertig! Dazu passte sehr gut ein Riesling Federspiel vom Jamek aus der Wachau, der uns dann noch ein weiteres Stück begleitete. Es folgte nämlich eine wirklich einmalig köstliche Brotsuppe, gut und sämig, aus vielen würzigen „Scherzln“ zubereitet. Dazu im wesentlichen Rindsuppe, Zwiebel und Knoblauch, Karotte und Tomate, sowie Joghurt zum Dekorieren und Schweineschmalz.

 

Dann kam - wie sollte es auch anders sein - der Hauptgang, der aber eigentlich aus zwei Gängen bestand. Zunächst gebratene Tomaten-Speck-Brotknödel mit Krautsalat. Die Knödel sehr fleischig, im Aussehen ein bisschen an Leberknödel erinnernd. Natürlich war keine Leber dabei, die dunkle Farbe stammte von den braunen Chamipignons und vom Braten. Vielmehr bgestanden sie hauptsächlich wieder aus Brot, getrockneten Tomaten, Speck, Eiern und Milch. Gewürzt mit Petersilie, Zwiebel, Muskatnuss, Salz und Pfeffer. Der Krautsalat knackig und frisch, für mich aber etwas zu wenig gewürzt. Dazu passte der langsam zu Ende gehende Riesling noch, und auch der Südtiroler Vernatsch hätte gut gepasst. Davon hatte ich allerdings nur mehr ein „Restl „(1 Flasche) übrig. Nun reklamierte ich eine erste Runde vom „Verdauerling“, und die meisten Gäste schlossen sich diesem Wunsch an. Dafür hatte ich einen Williams vom Zehetner, vom Altbürgermeister aus meinem Nachbarort Jebenstein, mitgebracht. Und der leistete gemeinsam mit Averna und Fernet dort erste Hilfe, wo es notwendig war.

 

Die Erholungsphase war nur kurz, denn jetzt folgt der zweite Teil des Hauptganges, ein Original Tiroler Gröstl. Und es sah - zubereitet mit Erdäpfeln, Rindfleisch und Spiegeleiern genau so aus, wie ein Gröstl eben ausschauen sollte. Und es schmeckte auch so, wie ein gutes Gröstl schmecken muss. Mit dem Wein hatte ich aber jetzt die liebe Not, denn der Südtiroler war aus und der mitgebrachte Grüne Veltliner – ein Spiegel 2014 vom Hiedler - passte leider nicht. Gottseidank hatte Gastgeberin Silvia auf meine Empfehlung auch für einen frischen Rosé vom Jurtschitsch gesorgt. Ein Rosé vom Zweigelt 2015, leuchtend rosa, frisch und mit angenehmer Säure. Jetzt war die Welt wieder in Ordnung.

 

Wir waren aber natürlich noch nicht fertig, denn es fehlte noch die Nachspeise. Auch die sollte eigentlich wieder aus zwei Gängen bestehen, aus einem Scheiterhaufen und aus Omas Pofesen. Aber unsere aufmerksamen Gastgeber hatten den Ernst der Lage erkannt: Sie schätzen unsere Aufnahmefähigkeit richtig ein und beschränkten sich auf den wirklich köstlichen Scheiterhaufen, allerdings gab es davon eine Riesenportion. Ein Scheiterhaufen besteht bekanntlich u.a. aus (alten) Semmeln, Milch, Eiern, Zucker und Salz, Äpfeln und Rosinen sowie Zucker. Dafür hatte ich zwei Weine mitgebracht, nämlich einen leichteren – einen süßen Weißburgunder Qualitätswein vom Schweifer aus Eisenstadt - und einen schwereren, in diesem Fall eine Welschriesling Auslese vom Sommer aus Donnerskirchen. Beide passten gut, der leichtere vielleicht sogar etwas besser.

 

Und damit war es vollbracht. Ein Espresso und natürlich noch der eine oder andere Digestif, und natürlich auch das eine oder andere Plauscherl. Gratulation an die Gastgeber, die ja auch alles selbst gekocht haben. Restekochen kann ganz schön aufwändig sein, überhaupt in der gebotenen Qualität!

 

 

Terrasse gebratene Brote

Die gebratenen Brote sind serviert - das große Reste-Essen kann beginnen!

 

Brotknödel

Eine echte Delikatesse: Gebratene Tomaten-Speck-Brotknödel mit Krautsalat

 

Scheiterhaufen

Claudia strahlt, als Gastgeber und Chefkoch Walter den Scheiterhaufen serviert!

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